Agentur für ungelungene Weltinszenierungen

Geschrieben am Februar 19th, 2019 von Gregor Leschig

Hinter der ‚Agentur für ungelungene Weltinszenierungen’ steht eine wahrnehmungs-psychologische und allgemeinphilosophische Betrachtungsweise, die Grundlage meiner Arbeit ist.

Die Kapazitäten für die psychische Verarbeitung unserer Wahrnehmungen sind begrenzt. Wir können nicht alle Informationen, Signale, Reize unserer Umwelt (der Welt) verarbeiten. Wir müssen auswählen, welche der eingehenden Signale wir zur bewußten Verarbeitung annehmen, sonst würden wir wahnsinnig. Also werten wir die eingehenden Informationen, wählen sie nach unserer Wertung aus. Wir nehmen also nur ausgewählte Teile unserer Umwelt wahr. Durch diese Wertung und ausgewählte Wahrnehmung gestalten wir aber das Abbild der Umwelt in uns. Mit anderen Worten: Wir inszenieren es. Durch die Auswahl in unserer Wahrnehmung inszenieren wir die Welt. Da es aber nur Teile der Welt sind, die sich in uns abbilden und manchmal sogar nur erstaunlich kleine Teile, laufen wir Gefahr, wesentliche andere, für uns relevante Teile der Welt, und damit die Realität zu verkennen. Dies ist eine der möglichen ungelungenen Weltinszenierungen.

Wonach aber wählen wir aus? Weshalb berührt uns die eine Nachricht mehr, die andere weniger? Jeder Mensch hat für sich – bewußt oder unbewußt – Werte und Wertmaßstäbe formuliert, nach denen er seine Lebensziele ausrichtet. Nach diesen Werten und Wertmaßstäben wird er ihn erreichende Informationen bewerten und auswählen. Häufig ist dies, wenn nicht ein unbewußter, so doch zumindest ein unreflektierter Vorgang, da diese Werte und Vorstellungen Teil unserer persönlichen ‘Wahrheit’ sind. Diese ‚persönliche Wahrheit‘ stellen wir zudem häufig nur ungern in Frage. Wenn wir aber nach eher unbewußten Maßstäben auswählen und durch die Auswahl auch nur Teile der Welt wahrnehmen, damit also das von uns gestaltete Bild der Welt in uns eher nur subjektive Aspekte von Welt wiedergibt, ist auch das eine ungelungene Weltinszenierung.

Daraus resultierend sind mit den „ungelungenen Weltinszenierungen“ natürlich auch all die Fälle gemeint, in der in der Folge der oben beschriebenen, ‚fehlerhaften‘ und ‚anfälligen‘ Erkenntniswege bewußt Welt gestaltet werden soll. In der Folge des zu Grunde liegenden, mangelhaften Weltbildes scheitert die intendierte Weltgestaltung dann aber häufig an den Widerständen, die die Welt ihrer Formung entgegensetzt. Dies häufig mit fatalen Folgen für den Betreffenden, den ‚Weltgestalter‘. Gleichzeitig ist dies die Grundlage aller Dramen und aller Komödien.

Ein Beispiel? Shakespeares Othello nimmt nur die Anteile an seiner Frau Desdemona und diejenigen Nachrichten über sie wahr, die seine Zweifel an ihrer Treue verstärken. Die Konsequenzen für seine Arten der wahrnehmenden und gestaltenden Weltinszenierung sind fatal: Desdemona stirbt und Othello gleitet in den Wahnsinn ab. Man kann hier also zu recht von einer ungelungenen Weltinszenierung sprechen.

Gregor Leschig, 2001

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